Österreich: Offener Kanal im Kommen ?

Die OK-Beziehungen zwischen Österreich und Deutschland reichen in die 80er Jahre des letzten Jahrhunderts zurück. Ein Offener Kanal kam jedoch in Österreich, der letzten öffentlich-rechtlichen Bastion in Mitteleuropa, bisher nicht zu Stande. Nachdem privates Fernsehen im südlichen Nachbarland zugelassen wird, ist auch das Interesse am Offenen Kanal neu erwacht. Bisher fehlen jedoch entsprechende gesetzliche Regelungen.

Der Offene Kanal Wien führt bisher nur im Netz ein reges Leben. Die Initiatoren und Interessenten tauschen sich auf der OK-Homepage über politische und organisatorische Fragen aus. Die im Stil eines Forums aufgemachten Internetseiten weisen auf Aktivitäten des Arbeitskreises OK Wien hin: Zuletzt wurde eine umfangreiche Machbarkeitsstudie zum Offenen Kanal fertig gestellt und am 5. Juli im Wiener Rathaus vor Kommunalpolitikern präsentiert. Unterstützung für die Idee des Offenen Kanals kommt vor allem aus künstlerischen Kreisen; auch der Dachverband der Kameraleute hat sich für Offene Kanäle ausgesprochen. Nach optimistischen Einschätzungen könnte der Offene Kanal Wien Ende 2003 starten.

Johannes Schütz, Magister der Theater-, Film- und Medienwissenschaften, war 1987 in Ludwigshafen, Dortmund und Berlin, um Offene Kanäle in der Praxis zu erleben. Darüber hat er seine Abschlussarbeit geschrieben. Als Autor der Machbarkeitsstudie ist er mit der Planung des Offenen Kanals Wien beschäftigt. Gleichzeitig ist er Obmann des „Arbeitskreises Offene Kanäle Österreich“ (aokö). Der Arbeitskreis, der sich im Jahr 2000 im Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaften formierte, unterstützt die Einrichtung Offener Kanäle in Österreich. Dabei werden Videoarbeit und „Animazione“ als zentrale Mittel zur Förderung von Medienkompetenz angesehen. Anliegen des Arbeitskreises sind die Arbeit mit benachteiligten Gruppen und die Zusammenarbeit über ethnische und kulturelle Grenzen hinaus. Zum Arbeitskreis gehören in Wien lebende Polen, Rumänen, Slowaken, Tschechen und Slowenen.

Mitglied des Arbeitskreises ist auch Helga Fürhapter. Sie unternimmt zur Zeit eine Reise durch deutsche Offene Kanäle und sammelt so Material für ihre Abschlussarbeit im Fach Theater-, Film- und Medienwissenschaften. Der Zusammenhang zwischen Medienpartizipation und Bildung, die Kooperationen deutscher Offener Kanäle mit Schulen, Hochschulen und Volkshochschulen wecken ihr Interesse. Bei ihren Besuchen in Münster, Mainz, Gera und Ludwigshafen stellt sie fest, dass sich die Schwerpunkte der deutschen Bürgerfernsehsender in den letzten Jahren verschoben haben. Die Arbeit ist sehr viel mehr durch Projekte wie „isi:tv“ geprägt, wo Kinder in vorgegebenen Formaten unter Anleitung Fernsehen und Internetseiten gestalten. Offene Kanäle in Österreich sind, wenn sie zu Stande kommen, Nachzügler, aber sie haben die Chance, die Veränderungen in der deutschen und internationalen „Community-TV“-Landschaft aufzugreifen. „Medienkompetenz muss von Anfang an ein Schwerpunkt sein“, meint Helga Fürhapter.

Author: Hans-Uwe Daumann
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