Berlin: Die HeldInnen der (Nicht-) Arbeit

„Wir sind nicht schuld an unserer Lage!“ Die dies sagen, sind Berliner Arbeitslose, nennen sich „HeldInnen der (Nicht-) Arbeit“ und machen seit 1999 Programm im Offenen Kanal Fernsehen. Diverse Vorurteile beseitigen die „HeldInnen“ en passant: Sie sind nicht arbeitsscheu, sondern reißen sich für ihre wöchentliche Sendung ein Bein raus. Sie sind nicht durchweg arm – ohne die privaten Videoausstattungen einiger Aktiver gäbe es die Sendungen nicht. Und sie geben sich nicht selbst die Schuld – sie suchen nach den gesellschaftlichen Gründen dafür, warum die Arbeit nicht für alle reicht. Beim Jahrestreffen Offener Kanäle präsentierten sich am 7. September auch die „HeldInnen der (Nicht-) Arbeit“.

 

1996 kämpften organisierte Berliner Arbeitslose für den Erhalt des BVG-Arbeitslosentickets. Unterstützung fanden sie bei den Gewerkschaften – auch wenn nicht jede Äußerung und Aktivität der späteren „HeldInnen“ bei Gewerkschaftsfunktionären auf Gegenliebe stößt. Der gemeinsame Nenner der Gruppenmitglieder ist ihre Ostvergangenheit, die „entwerteten Biografien“, die abgewickelte Ex-DDR-Institutionen produzierten. Als sie 1999 erste Beiträge im Offenen Kanal Berlin zusammenstellten, war das ein „Filmprojekt und zugleich ein sozialpsychologisches Projekt“. Ein rundes Dutzend feste Mitglieder hat die Gruppe, einige weitere machen sporadisch mit. Jeden Montag sind die „HeldInnen“ mit einem neuen Magazin von 30 Minuten auf Sendung, sonntags wird die alte Sendung wiederholt. Das Themen-ABC der MagazinmacherInnen beginnt mit „Arbeitslosigkeit, Armut, Attac“, geht über „Gewerkschaften“ und „Nachhaltige Entwicklung“ bis zu „Schikanen auf Ämtern“ und „Sozialabbau“. Nabelschau wird nicht betrieben; die HeldInnen haben eine gesamt-gesellschaftliche Perspektive und wollen ein „Stachel in den herkömmlichen Medien sein.“ Offensichtlich gelingt ihnen dies von Zeit zu Zeit, denn ihr Film über „Privatisierung des öffentlichen Nahverkehrs und die Folgen“ an Hand des Negativ-Beispiels London kursiert unter den MitarbeiterInnen der BVG und wird inzwischen auch von Fachpolitikern zu Rate gezogen.

Author: Hans-Uwe Daumann
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