Wenn Nürnberger Schüler und Schülerinnen der 8. und 9. Klassen das Dokumentationszentrum am ehemaligen Reichsparteitagsgelände besuchen, dann werden sie (möglicherweise) in ein Planspiel versetzt: „Der Ruf Nürnbergs als Stadt der Menschenrechte wird von Ausländerfeindlichkeit und Intoleranz bedroht! Um Schlimmeres zu verhindern, schlüpfen die jugendlichen TeilnehmerInnen in die Rolle eines Gremiums, das beauftragt wurde, deutliche Zeichen zu setzen… Durch Öffentlichkeitsarbeit in Form einer akustischen Wandzeitung, Postkarten gegen Intoleranz, Radiospots u. ä. versucht das ausgewählte Gremium den Ruf Nürnbergs zu retten…“ 4 Stunden dauert „Plan N“; neben Audio, Foto und Print werden die Medien Video und Internet aktiv eingesetzt. Das Planspiel wurde entwickelt vom Projektbüro „Pädagogik rund ums Dokumentationszentrum“ des Kreisjugendrings Nürnberg-Stadt in Kooperation mit dem Medienzentrum Parabol. Die Jury des Dieter Baacke Preises 2002 war von Konzept und Durchführung gleichermaßen begeistert und vergab den ersten Preis an „Plan N“. Dr. Anja Prölß-Kammerer, die Projektleiterin, nahm die Urkunde und den Scheck über 3.000 Euro am 30. September im Hamburger Rathaus aus der Hand von Dr. Peter Fricke vom Bundesjugendministerium in Empfang.
Exotisch, aber nicht minder spannend präsentierte sich das zweitplatzierte Projekt „Ich sehe was du hörst“ der Fraunhofer-Gesellschaft St. Augustin. Mit Hilfe der 1919 entdeckten Sensortechnologie des „Teremins“ bauen Kinder Teremin-Tiere und erfinden Teremin-Geschichten. Synästhetische Wahrnehmung steht im Mittelpunkt der von teilweise erst 9 oder 10 Jahre alten Teilnehmern entworfenen und realisierten Experimente.
Konventioneller, aber ebenfalls voller Fantasie sind die Produkte der Freiburger „Mediagirls“. Mit Computerhilfe produzieren Mädchen Kalender, Poster, CD-ROMs und mehr. Der Projektträger, das Wissenschaftliche Institut des Jugendhilfswerks Freiburg, erhielt den dritten Preis.
Zwei Besondere Anerkennungen vergab die Jury: Der Förderverein für multimediale Partizipation e. V. in Aachen wurde für www.dol2day.de ausgezeichnet, eine auch anderen Orts gerühmte Politik-Simulation im Internet, die zur Zeit 24.000 Mitglieder von 12 bis 70 Jahren aufzuweisen hat. „Du kannst was ändern – dol2day macht’s möglich“ ist der Leitspruch der Online-Politiker, in deren Community alle 4 Monate ein Internet-Kanzler gewählt wird.
Auf andere Weise engagieren sich die Besucher des Jugendtreffs der „Jungen Gemeinde Stadtmitte“ in Jena. Sehr nah an ihrer Realität angesiedelt ist der Videofilm „24 Stunden aus dem Leben eines Punks“, dessen „radikale Bilder“, dessen „schonungslose, offensive“ Haltung gelobt wurde. Die Jugendlichen kämpfen zur Zeit gegen die Schließung ihres Treffs. Einen Ausschnitt aus ihrem Film gönnten sie dem Hamburger Festpublikum nicht – mit Focus TV hatten sie gerade die Erfahrung gemacht, dass Filmzitate sinnentstellend verwendet werden können.
Der Dieter Baacke Preis, jährlich ausgelobt vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur, prämiert beispielhafte Medienprojekte aus der Bildungs-, Sozial- und Kulturarbeit. Die von GMK-Vorstandsmitglied Cordula Fink moderierte Preisverleihung ging am 30. September 2002 im Rahmen des Hamburger Medienkongresses im Rathaus der Stadt über die Bühne.
Author: Hans-Uwe Daumann
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