Das Lokale ist politisch, oder: Die Mühen der Ebene

Einmal im Jahr treffen sich die MitarbeiterInnen und Vorstände Freier Radios, um praktische Erfahrungen auszutauschen, gemeinsame Aktivitäten zu entwickeln und die Lobby für diese Form des Hörfunks zu stärken. Zum diesjährigen Kongress des Bundesverbandes Freier Radios BFR von 1. bis 3. November 2002 in Dresden kamen RadiomacherInnen von etwa 20 Freien Radios aus Deutschland und dem deutschsprachigen Raum.

Die am meisten diskutierten Themen in den Arbeitsgruppen waren der Programmaustausch, die gemeinsame redaktionelle Arbeit und die Professionalisierung der Strukturen in den nichtkommerziellen Lokalradios. Die Podiumsdiskussion am Freitag abend im Dresdener Kultur-Rathaus thematisierte die medienpolitische Situation in Sachsen. Der Bundeskongress unterstützte insbesondere damit das Dresdener Freie Radio „coloRadio“, „Radio Blau“ in Leipzig und „Radio T“ in Chemnitz bei ihrem Kampf um eine volle 24h-Lizenz. Alle drei leiden an der aus BFR-Sicht „mangelhaften Lizenzierungssituation sächsischer Freier Radios“. Positiv stellt der BFR im Vergleich die Entwicklung und Förderung von Freiem Radio in Baden-Württemberg (9 Freie Radios, meist mit einer ungeteilten UKW-Frequenz) und in Niedersachsen (14 nichtkommerzielle Lokalradios mit Vollfrequenzen) dar.

Die Arbeitsgruppe mit dem Titel „Das Lokale ist politisch, oder: Die Mühen der Ebene“ betonte den inhaltlichen Wert lokaler Information für die Freien Radios. Die von Jan Pinseler vorbereiteten Thesen versuchten den Spagat zwischen Lokalität („Die Darstellung lokaler Politik zentral für ein politisches Radio“) und Globalität („Freies Radio muss aber die Verknüpfung dieser lokalen Erscheinungen mit ihren regionalen, nationalen oder globalen Ursachen leisten.“); zwischen Unabhängigkeit der Berichterstattung („Die Berichterstattung über das Lokale muss sich dabei unabhängig machen von den institutionalisierten lokalpolitischen Gruppen, auch denen, die Freiem Radio aufgeschlossen gegenüberstehen.“), einem Mindestmaß an Ausgewogenheit („Freies Radio muss aber mit den institutionalisierten lokalpolitischen Akteuren Reden und sie auch dann zu Wort kommen lassen, wenn ihre Meinung nicht die Meinung der Redakteurin ist.“) und klarer linker Verortung („Freies Radio muss dabei gerade in der Auseinandersetzung mit lokalen Themen den Kontakt zu linken Gruppen und Gewerkschaften suchen.“).

Eine weitere Arbeitsgruppe wurde von MitarbeiterInnen des interkulturellen Projekts „Interaudio“ gestaltet, das bei Radio Corax in Halle angesiedelt ist. Eine Reihe von Aktivitäten in Freien und Nichtkommerziellen Radios dient der Ermutigung und Förderung von MigrantInnen sowie Flüchtlings- bzw. antirassistischen Initiativen, das Medium Radio aktiv zu nutzen und damit stärker an der politischen Öffentlichkeit teilzuhaben. Dies geschieht vor allem durch speziell ausgerichtete Ausbildungsangebote, damit eine Senkung von Zugangsbarrieren erreicht werden kann. Ziel von „InterAudio“ ist es, alternative Medien in Ostdeutschland insbesondere im Bereich nichtkommerzieller Hörfunk zu vernetzen, um so besser zu einer „Stärkung der regionalen zivilgesellschaftlichen Strukturen und alternativer Gesellschaftsmodelle beitragen“ zu können.

Zum Anschluss des BFR-Kongresses fand am Sonntag, dem 3. November in der Dresdener „Blauen Fabrik“ die jährliche Mitgliederversammlung des BFR statt. Das Freies Radio Naumburg und die Berliner „radiokampagne.de“ wurden als Neumitglieder in den Bundesverband aufgenommen. Die Anzahl der BFR-Mitglieder stieg damit auf 32.

Author: Hans-Uwe Daumann
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