Raider heißt jetzt Twix: „Der neue Bürgersender in Hannover heißt h1, der Offene Kanal ist Geschichte.“ So beginnt eine Pressemitteilung des Senders, der während des niedersächsischen Betriebsversuchs seinen Sendebetrieb als Offener Kanal begann und am 1. April 2002 unter dem Titel „Bürgerrundfunk“ eine neue Lizenz erhielt. Die rundfunkrechtliche Innovation führt die Strukturmodelle „Nichtkommerzielles Lokalradio“ und „Offener Kanal“ (im Hörfunk und im Fernsehen) zusammen. Während die Radiosender mit der Verknüpfung von Offenheit, Durchhörbarkeit und lokalem Informationsprofil bereits auf der alten Rechtsgrundlage vergleichsweise geringe Schwierigkeiten hatten, müssen sich die ehemaligen Offenen Kanäle im Fernsehen ganz neuen Herausforderungen stellen. Das neue Niedersächsische Mediengesetz (NMedienG) weist den Veranstaltern von Bürgerrundfunk drei zentrale Aufgaben zu. Sie müssen die lokale und regionale Berichterstattung sowie das kulturelle Angebot im Verbreitungsgebiet ergänzen, allen interessierten Bürgerinnen und Bürgern den Zugang zum Rundfunk gewähren und Medienkompetenz vermitteln. Die Pflicht zur lokalen Information macht die Sender erstmals zu Programmveranstaltern in eigener Verantwortlichkeit. Bürgerfernsehkanäle senden in den niedersächsischen Städten Hannover, Wolfsburg und Oldenburg. Die Bürgersender „Bremer Umland“ und „Wesermündung“ nutzen zeitpartagiert die Sendekapazitäten der Offenen Kanäle Bremen resp. Bremerhaven.
Der frühere OK Hannover heißt seit kurzem „h1„. Eine ganze Reihe von Magazinen hat er in seine eigene redaktionelle Verantwortung übernommen. Unter Mithilfe von Ehrenamtlichen und den 6 Auszubildenden Mediengestaltern Bild und Ton entstehen die Sendungen „0511“, „Nahaufnahme“, „Steilpass“, „upwasch“, „Blickpunkt Umwelt“ und andere. Ziel ist es, täglich um 19 Uhr ein Magazin oder eine Informationssendung zu bringen. „Wir rücken nicht von dem demokratischen Zugang zum Sender ab, aber wir wollen fundiert recherchierte und handwerklich sauber gemachte Sendungen in unserer selbsternannten primetime liefern. Darüber schärft h1 sein Profil als lokaler Informant:“ lässt sich h1-Geschäftsführer Peter Maurer-Ebeling in der Presseinformation zitieren.
„OK-TV“ sitzt in Wolfsburg, hat Außenstellen in Braunschweig und Salzgitter und versorgt einen großen Teil von Südostniedersachsen. „SON-TV“ wäre demnach eine mögliche neue Namensvariante, aber der ehemalige Offene Kanal heißt immer noch „OK-TV“; ein neues Logo und neue Drucksachen kosten schließlich Geld. Die MitarbeiterInnen erleben eine Neubewertung ihrer Stellen. Aus Medientrainern werden – zumindest zum Teil – Redakteure, die gemischte Redaktionsgruppen aus Ehrenamtlichen und Praktikanten organisieren und anleiten. Nicht jede(r) hat diese Qualifikation mitgebracht.
„Oldenburg 1 – Ihr Lokalfernsehen und Lokalradio für Stadt und Region Oldenburg“, kurz „O1“ hat den Übergang in die neue Zeit sprachlich und visuell bereits geschafft; das neue Logo und der neue Slogan sind Ausdruck dafür, dass der Sender mehr denn je auf „enge Kooperationen mit großen und kleinen Einrichtungen, Verbänden, Initiativen der Stadt und Region“ setzt. Die Zusammenarbeit mit der Universität und der Volkshochschule ermöglicht eine Art lokales Telekolleg, daneben sorgen auch hier eine Reihe von Magazinen für die lokale Infoschiene. Die traditionelle OK-Arbeit hat in Form von „zugangsoffenen Programmplätzen“ auch weiterhin ihren Platz. Da die personellen Ressourcen der Bürgersender nur begrenzt steigerbar sind, ist der Konflikt zwischen Bürgerbetreuung und lokaljournalistischer Redakteursarbeit absehbar.
Der frühere OK Wesermündung hat sich – als bimedialer Bürgersender – das neue Kürzel radioWSMtv zugelegt. Der Produktionsdruck ist hier geringer, gilt es doch, immer mittwochs ein Sendefenster zu füllen. An den anderen 6 Tagen läuft im gleichen Netz der Offene Kanal Bremerhaven – die ehemalige Bundespost hat beim Kabelausbau keine Rücksicht auf die Grenze zwischen bremischem und niedersächsischem Gebiet genommen. Hier koexistiert also ein Offener Kanal alter Schule mit einem Bürgerrundfunksender nach Niedersächsischem Mediengesetz. Es ist gar nicht einfach, das den Zuschauern zu erklären – aber wo ist die deutsche Bürgermedienlandschaft schon übersichtlich, und dass im gleichen Kabelkanal der Musiksender Onyx die Lücken füllen darf, das ist vielleicht noch schwerer zu vermitteln.
Author: Hans-Uwe Daumann
E-Mail: redaktion@connex-magazin.de