„Den Anderen mit anderen Augen sehen“

Der Kurs : „Einführung in die Videoarbeit für junge MigrantInnen“ fand am 16. und 24. April 2003 in den Räumen des Jugendförderkreises Dortmund e.V. resp. des Offenen Kanals Dortmund statt. Der nachfolgende Abschlussbericht von Pantea Bahrami dokumentiert Vorgehensweise und Ablauf eines Videokurses für junge MigrantInnen in Dortmund in den Osterferien 2003:

 

Pädagogisches Konzept
Das pädagogische Konzept des Kurses geht von einem handlungs- und prozessorientiertem Ansatz aus, der von den lebensweltlich und soziokulturellen Erfahrungen der Jugendlichen ausgeht, die sie in ihren Videos thematisieren sollen, soweit dies in einem zweitägigen Einführungskurs möglich ist.
Die Einführung in die Videoarbeit sollte an Themen erfolgen, die von den Jugendlichen selbst bestimmt werden. Die Referenten berieten die Jugendlichen dabei bezüglich der Umsetzungsmöglichkeiten in dem zeitlichen Rahmen des Kurses. Die Jugendlichen sollten in dem Kurs lernen, die Möglichkeiten der Videotechnik zur Darstellung ihrer eigenen Anliegen zu nutzen. Dieser persönliche Bezug sollte die Jugendlichen auch motivieren, sich konzentriert mit der trockenen Theorie der Videoarbeit auseinander zusetzen.
Ein zentraler Aspekt des Kurses war, dass er Produkt orientiert war. Die Jugendlichen sollten während des Kurses einen Videofilm erstellen, den man öffentlich präsentieren kann. Dadurch lernten sie ihre eigene Arbeit schätzen und es wurde ihnen ein Erfolgserlebnis vermittelt, was die Grundlage für eine weitere Beschäftigung mit dieser Thematik sein kann. Gleichzeitig wurden die Jugendlichen so motiviert, ernsthaft an dem Film – ihrem späteren Produkt – zu arbeiten.
Das Ergebnis des Kurses sollte im Offenen Kanal Dortmund gezeigt werden, da eine öffentliche Präsentation eine große Bedeutung für die Jugendlichen hat. Dies bedeutete auch, dass sie und ihre Arbeit ernst genommen und wertgeschätzt wurde. 

 

Seminarplanung
Bei der Seminarplanung wurde gemäß des pädagogischen Konzeptes auf die Bedürfnisse der Jugendlichen eingegangen, in dem das Verhältnis zwischen praktischer Filmarbeit und Theorie so auf die beiden Seminartage aufgeteilt wurde, dass die Jugendlichen die Theorie gleich praktisch ausprobieren konnten.
Der Seminarablauf wurde folgendermaßen geplant:
o Am ersten Seminartag wurde vormittags gemeinsam das Konzept für den Film erarbeitet, um es dann am Nachmittag nach einer kurzen Einführung in die Videotechnik praktisch umzusetzen.
o Am zweiten Seminartag wurde nach einer kurzen theoretischen Einführung das am ersten Tag gedrehte Material gemeinsamen unter fachkundiger Anleitung geschnitten und bearbeitet, so dass eine Fassung des Films entstand, die im Offenen Kanal Dortmund gesendet werden konnte.
Die Information der Jugendlichen über den Kurs wurde vom Jugendförderkreis Dortmund übernommen, in dessen Räumen auch der erste Kurstag stattfand, der zweite Tag fand in den Räumen des Offenen Kanals Dortmund statt.
Der Kurs war ein offenes Ferienangebot (Osterferien) für die Jugendlichen.


Seminarverlauf :
1. Seminartag
Nach der Begrüßung und einer kurzen Einführung in das zeitliche wie inhaltliche Konzept des Kurses wurde kurz durch die Referentin erläutert, warum für jedes Filmprojekt ein Konzept erstellt werden muss.
Danach wurde zusammen mit den Jugendlichen ein Konzept / „Drehbuch“ für das Videoprojekt dieses Kurses erarbeitet. Zusammen mit den Teilnehmern wurde entschieden, eine Umfrage zu machen, da dieses Vorhaben sich in der zur Verfügung stehenden Zeit am besten realisieren ließ.
Mit Hilfe der Metaplantechnik wurden mit den Jugendlichen Themen für eine Umfrage gesucht.  Folgende Themenvorschläge wurden gemacht :
o Obdachlosigkeit, Gewalt, Drogen
o Der Krieg im Irak
o Rassismus
o Zusammenleben der Kulturen
o Ausländer in der Nordstadt
Da die Themen „Der Krieg im Irak“ und „Ausländer in der Nordstadt“ fast gleich viele Punkte erhielten, wurde gemeinsam entschieden, dass beide Themen bearbeitet werden sollten, zumal für die praktische Filmarbeit zwei Gruppen geplant waren. Auch wurde durch das große Interesse an dem Thema „Ausländer in der Nordstadt“ deutlich, wie wichtig für die Jugendlichen die Auseinandersetzung mit ihrem Lebensumfeld und ihrem Stadtteil ist.
Für beide Themen wurden dann mit allen Teilnehmern mögliche Fragen für die Umfrage gesucht und auch etwas umfassender über die Themen diskutiert. Die Jugendlichen beteiligten sich sehr aktiv an der Diskussion. Auch der Aufforderung ihre Fragen auf Karten zu schreiben, um sie so sammeln zu können, kamen alle Jugendlichen nach. Da die behandelten Themen von ihnen selber stammten, war ihr Interesse und Engagement sehr groß. Auch zeigte sich bei Fragen zum Irak-Krieg, dass die Jugendlichen recht gut informiert waren und eine eigene kritische Meinung hatten.
Über die Zielgruppen der Befragung – Erwachsene oder Kinder, Frauen oder Männer – wurde auch  gemeinsam diskutiert und entschieden. Jede Gruppe sollte 8 Erwachsene und zwei Kinder befragen. Von den befragten Personen sollten jeweils 50% Deutsche und 50% Ausländer sein und davon ebenfalls jeweils 50% Frauen und 50% Männer.

Am Nachmittag wurden die für die Befragung wichtigen Punkte der Bildgestaltung an Hand von Bildern und Kameraeinstellungen erklärt und den Jugendlichen die praktische Handhabung der Kamera erläutert.
Danach konnten beide Gruppen diese Erkenntnisse bei ihren Befragungen im Stadtviertel praktisch umsetzen. Diese Kombination von einer eher „theoretischen“ Einführung mit der sofort nachfolgenden praktischen Umsetzung im eigenen Filmprojekt hat sich als sehr vorteilhaft erwiesen, besonders was das Interesse und die Motivation der Jugendlichen betrifft.
Nach der Rückkehr von der praktischen Arbeit wurden die Ergebnisse, die filmische Ausbeute des Nachmittags gemeinsam betrachtet und kritisch bewertet, speziell was die Aufnahme- und Fragetechnik betraf. Auch hier waren die Jugendlichen mit großem Engagement bei der Sache und  bereit, sich offen und kritisch mit ihrer Arbeit auseinanderzusetzen.
 

2. Seminartag
Im Mittelpunkt des zweiten Seminartages stand der Filmschnitt und die Nachbearbeitung des Films(Ton etc.). Die Jugendlichen hatten eine Liste mit Einstellungen, die sie für den Beitrag wichtig fanden, erstellt und nach diesem Konzept wurde das Videomaterial dann gemeinsam geschnitten.
Auch wurde ein kurzer Kommentar von den Jugendlichen vorbereitet und gelesen sowie über die Musikauswahl und den Titel gesprochen und entschieden. Auch bei dieser Arbeit zeigt sich wieder das große Interesse und Engagement der Jugendlichen.

Der von den Jugendlichen erstellte Film wurde am 30.04.2003 im offenen Kanal Dortmund gezeigt.

 

Anmerkungen zum Kurs und Vorschläge für weitere Aktivitäten :
– An dem Kurs haben fast ausschließlich männliche Jugendliche teilgenommen. Um auch Migrantinnen für dieses Thema zu gewinnen, wäre es sinnvoll einen Kurs speziell für Mädchen / Frauen anzubieten.

– Während der Arbeit mit den Jugendlichen sind sprachliche Defizite sehr deutlich geworden, es wäre daher zu überlegen, ob man bei weiteren Kursangeboten nicht auch ein Modul für die Sprachförderung integrieren sollte, zumal in einem solchen Kontext die Motivation und Bereitschaft der Jugendliche vielleicht größer ist, sprachliche Kompetenzen zu erwerben.
– Das große Interesse der Jugendlichen an den Auseinandersetzungen mit ihrem Stadtteil zeigt, dass zu dieser Thematik noch weitere Angebote sehr sinnvoll wären.

Dortmund, den 25.04.2003

Author: PanteA Bahrami
E-Mail: anahitaa@freenet.de

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