Hamburg: Unterschriften gegen Untergangsstimmung

Das neue Hamburgische Mediengesetz ist möglicherweise nicht verfassungskonform. Das ist zumindest die Meinung von Experten der GAL, der SPD und von ver.di. Die Kritik bezieht sich auf die vorgesehene „Deregulierung“, bei der z. B. auf einen Mindest-Wortanteil bei privaten Radiosendern verzichtet werden soll. Auch die Übertragung des Offenen Kanals an die „Hamburg Media School“ (HMS) betrachtet zumindest der medienpolitische Sprecher der SPD, Werner Dobritz, als rechtlich fragwürdig. Die HMS habe „keinerlei öffentliches Mandat, als Kontrollinstanz für ein gefälliges Bürgerfernsehen zu dienen,“ zitiert ihn epd medien. Als neuer Träger eines „Bürger- und Ausbildungskanals“  ab 2004 würde die HMS über etwa 900.000 Euro Rundfunkgebühren gebieten.

 

Am 4. Juni wurde das vom Senat vorgelegte Gesetz „zur Neuordnung des hamburgischen Mediengesetzes“ in erster Lesung beschlossen. Am 26. Juni soll es in zweiter Lesung endgültig verabschiedet werden. Zum 30. Juni soll der Offene Kanal (Fernsehen und Hörfunk) geschlossen werden, mindestens 12 Stellen bei der Hamburgischen Anstalt für Neue Medien (HAM) stehen zur Disposition.

Das OK-Nutzerforum macht auf seiner Website www.okrundfunk.de deutlich, worum es bei der Neuordnung des Offenen Kanals geht: „Bisher galt für Sendungen im Offenen Kanal: „… Den Inhalt eines Sendebeitrages bestimmen die Nutzerinnen und Nutzer selbst. Eine Zensur findet nicht statt. Sie tragen deshalb dafür aber auch die rundfunkrechtliche Verantwortung.“ Laut dem uns vorliegenden Entwurf gilt künftig: „… Die Inhalte des Bürger TV werden vor ihrer On-Air Verbreitung geprüft und genehmigt.“ … Für die Radiofrequenz des Offenen Kanals existieren nach unserem aktuellen Stand überhaupt keine Pläne. Allerdings hat ein großer internationaler Medienkonzern Interesse an der Frequenz bekundet. … Zu diskutieren ist auch, ob Ihre Rundfunkgebühren einer Medienschule zugeschlagen werden dürfen.“
Mit 10.000 Unterschriften wollte das Nutzerforum eine „Volkspetition“ zum Erhalt des Offenen Kanals erreichen. Insgesamt fast 20.000 Unterschriften wurden gesammelt, nun wird die Initiative in der Hamburger Bürgerschaft Gehör erhalten.
Bei den beteiligten Nutzergruppen mischt sich Protest mit Abschiedsstimmung: „Unsere Sendung am Freitag, den 13.06.03 um 18.30 Uhr ist dem Erhalt des Offenen Kanals Hamburg gewidmet. Wir haben dazu ein paar Statements gesammelt von Leuten, die uns dabei unterstützen:  Doro Pesch, Regina Halmich, Udo Lindenberg, … Wenn die Pläne des Hamburger Senats weiter ihren Gang nehmen, wird dies leider auch unsere vorerst letzte Sendung in Hamburg sein. Ob, wie und wann wir in dem neu zu schaffenden Bürger TV der HMS auf Sendung gehen werden, bleibt abzuwarten. Wie auch immer es kommt. Rock It! TV – Ungebrochen macht definitiv weiter. Wir checken neue Wege zur Verbreitung und halten Euch natürlich auf dem laufenden.“ Wenige Tage nach dem 15-jährigen OK-Jubiläum und vor der entscheidenden Bürgerschaftssitzung kippt die Stimmung unter den NutzerInnen. „Das Fallbeil rauscht langsam herunter“, heißt es aus dem OK. Das Nutzerforum schickt sich ins Unvermeidliche und plant für den 29. Juni eine große Abschiedsparty.

Die FDP/CDU/PRO-Koalition ist sich ihrer Sache sicher. In den Ausschusssitzungen, aber auch bei öffentlichen Veranstaltungen von ver.di und der dju wurden mehrheitlich überzeugende Argumente für den OK-Erhalt vorgebracht. Burkhard Müller-Sönksen (FDP-Abgeordneter und Motor des neuen Gesetzes) und die anderen maßgeblichen Vertreter der Regierungsseite stört das nicht. Gebetsmühlenartig betont er, das neue Hamburger sei das modernste Mediengesetz in Deutschland. Für Offene Kanäle ist darin kein Platz mehr.

 

Foto: Leo Hansen, Vorsitzender des Bundesverbandes Offener Kanal und vorerst noch Leiter des Offenen Kanals Hamburg

Author: Hans-Uwe Daumann
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