Dom und Backfischfestplatz sind die beiden markanten Bezugspunkte auf dem Wormser Stadtplan. Der Offene Kanal residiert im Keller der Karmeliterschule etwas abseits, aber immer noch auf uraltem Wormser Boden. Nach 15 Jahren ist das lokale Bürgerfernsehen selbst zur Traditionseinrichtung geworden – kein größeres Ereignis geht in der Nibelungenstadt über die Bühne, ohne dass ein OK-Reporterteam vor Ort ist.
Der Offene Kanal Worms weist eine Reihe von Besonderheiten auf; er war nicht nur einer der ersten vereinsgetragenen Kanäle, die sich nach Ablauf der Kabelpilotprojekte 1987/88 gründeten, er verfügt auch fast seit Anbeginn über ein wöchentliches Lokalmagazin, das das Image des Offenen Kanals wie keine andere Sendung prägt: Das Wormser Montagsmagazin (WMM) startet jeden Montag um 18 Uhr und bietet 2 bis 3 Stunden Einspielfilme und Livegespräche. Die Crew um Margit Knab und Werner Schlieter hat vor vielen Jahren einen eigenen Verein gegründet, eigene Räume (direkt neben dem OK) bezogen, eigene Technik gekauft und inzwischen einen alten Wohnwagen zum „Ü-Wagen“ umgestaltet. Obwohl andere regelmäßige Sendungen ebenfalls auf einige Jahre Laufzeit zurückblicken – z. B. „Lokalsport aktuell“ am Sonntag – wird das Montagsmagazin stark mit dem Offenen Kanal identifiziert. Ehemalige Schüler des pensionierten Realschullehrers Werner Schlieter landen gerne mal im Offenen Kanal, und sorgen dafür, dass das wöchentliche Lokalmagazin keine größeren Nachwuchssorgen hat.
Am 6. November 2003 feiert der OK Worms in der „Kapelle“ der Prinz-Carl-Anlage15 Jahre Sendebetrieb. Der (neue) Oberbürgermeister Michael Kissel und der LPR-Direktor Manfred Helmes sind gekommen, um zu gratulieren. Werner Schlieter lässt die Geschichte Revue passieren: Vom ersten treffen der vier OK-Gründer 1987 bis zur Anschaffung des Internet-Computers vor einigen Tagen. Er erinnert an einige wichtige Menschen, die das Jubiläum nicht mehr erlebten – etwa sein Vorgänger als Vorsitzender, Ulrich Frisch, der vor drei Jahren bei einem Verkehrsunfall starb. Ein Blick in den Saal bestätigt: Im Offenen Kanal sind alle Generationen vertreten. Die Festsendung wird von Olaf Deichelmann, Udo Weiß und einigen anderen langjährigen Getreuen produziert, aber hinter den Pulten sitzen Jugendliche. Alle sind sowohl OK- als auch WMM-Mitglieder. Die Person im Festtrubel, die nicht in Personalunion OK und WMM vertritt, ist zugleich die Mutter des ganzen Ladens: Anneliese Boller, Lehrerin, und Pfarrersfrau, ist spät zur Videofilmerei gekommen. Über ein Förderprogramm des Arbeitsamtes wurde sie ursprünglich Angestellte des OK. Seit 3 Jahren ist sie Rentnerin und trotzdem unverändert freitags, samstags, sonntags und montags diejenige, die den Laden offen hält. Als stellvertretende Vorsitzende steht sie für die Neutralität des zugangsoffenen Senders. Tatsächlich hat sie viele Wormserinnen und Wormser motiviert, im Offenen Kanal aktiv zu werden – und nicht alle von ihnen sind beim Montagsmagazin gelandet.
Der OK Worms steht für die Stärken eines ehrenamtlich geführten Lokalsenders: Unabhängigkeit, Ausdauer, Liebe zum Metier, Heimatverbundenheit. Wer in Worms Offenen Kanal einschaltet, weiß, was er zu sehen bekommt: Solide gemachtes Laienfernsehen ohne übertriebene Ambitionen, aber mit viel Lokalkenntnis, leichtem Dialekteinschlag und konkurrenzlosem Einblick in die Welt zwischen Dom, Backfischfestplatz und Nibelungenmuseum.
Author: Hans-Uwe Daumann
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