Seit 1993 gehört die Tagungsreihe: „Bürgerfunk in Nordrhein-Westfalen: (OHN)Macht im Äther?“ zum Traditionsbestand der Bürgermedienszene. 2003 wurde der Veranstaltungstitel geändert; seitdem findet im DGB-Bildungszentrum Hattingen der „Diskurs Bürgermedien“ statt, dieses Jahr von 28. bis 30. April. conneX stellte dem Tagungsleiter Karlheinz Grieger 5 Fragen:
conneX:
Hattingen ist ein fester Termin im Kalender der Bürgermedienszene. Wie würden Sie den „Geist von Hattingen“ beschreiben?
Grieger:
Nun, es ist eine Art „Jahrestreffen“ mit allen, die in den Bürgermedien engagiert sind. Über diese Kontinuität entsteht Vertrautheit. Die zweieinhalb Konferenztage bieten viel Raum für spannende und entspannende Begegnungen. Man kommt miteinander ins sehr offene Gespräch. Kontroversen werden zugespitzt diskutiert, wie Kooperationen gepflegt. Sowohl Macher(innen) aus den Bürgermedien, wie Vertreter(innen) aus der Medienpolitik oder der LfM nutzen die Kommunikationschancen in Hattingen, um z.B. Entwicklungen vorzudiskutieren, bestehende Kontroversen auszutragen bzw. Kompromisslinien zu beraten. Die ganz konkrete Bürgermedienpraxis in NRW aber auch die grundsätzliche Auseinandersetzung mit Fragen der Partizipation an den Medien mit Blick auf bundesdeutsche Trends prägen die Konferenzinhalte. Zudem unterstützt das Konferenzdesign mit einem Mix von Workshop- und Plenumphasen den beteiligungsorientierten und kommunikativen Charakter der Veranstaltung.
conneX:
Das letzte Jahr brachte die Öffnung des Teilnehmerkreises. Neben Bürgerfunkern wurden auch VertreterInnen anderer Bürgermedien-Formen eingeladen: Was waren die Gründe dafür?
Grieger:
Das Landesmediengesetz in NRW wurde 2002 novelliert und fasst erstmals alle zugangsoffenen Formen des Rundfunks- Bürgerfernsehen, Bürgerfunk und
Hochschulrundfunk- in einem eigenen Abschnitt als Bürgermedien zusammen. Somit sind alle Formen der Partizipation an den Medien in NRW im Begriff Bürgermedien integriert.
conneX:
Was hat sich durch die neue Veranstaltungsform geändert?
Grieger:
Die einzelnen Partizipationsformen sind sehr unterschiedlich. Z. B. der Bürgerfunk, der in NRW seine Sendungen auf den Lokalfunkwellen der Lokalradios ausstrahlt, und zur Zeit noch überwiegend in ca. 160 Radiowerkstätten organisiert ist, hat eine andere Geschichte und Partizipationspraxis entwickelt als z. B. das Offene Kanal Fernsehen, dass über Kabel verbreitet wird und weitgehend ohne feste Programmstrukturen arbeitet. Die Bürgermedien müssen ihre „Selbstverortung“ und „Selbstvergewisserung“ unter den neuen Bedingungen überprüfen. Zudem wird in den neuen Regelungen zu den Möglichkeiten der zukünftigen Förderung deutlich, dass neben der unmittelbaren Beteiligung von Bürgern an den elektronischen Medien die Bürgermedien auch einen Beitrag zur Vermittlung von Medienkompetenz leisten und sollen. Und dies vor allem mit dem Blick auf die digitale Zukunft. Der Gedanke der Zusammenarbeit der verschiedenen Bürgermedien steht im Vordergrund, wenn es um örtliche Medienkompetenz Netzwerke, Ausbildungs- und Erprobungskanäle und die Erprobung neuer Verbreitungsplattformen geht.
conneX:
Was sind aus Ihrer Sicht die Kernthemen des Diskurses Bürgermedien 2004?
Grieger:
Die Auseinandersetzung mit den Programmqualitäten in den Bürgermedien ist ein Themenschwerpunkt. Das Spannungsfeld zwischen Medienkompetenzvermittlung und Teilhabe/ Partizipation an den Medien wird ausgeleuchtet. Programmanalysen aus der „Außensicht“, wie aus der „Innensicht“ der Bürgermedien selbst werden als Impulse die Diskussion anregen. Eine Zwischenbilanz wird mit Hilfe von Pilotprojekten zu den Chancen vernetzter Bürgermedien gezogen werden. Zudem wird der Diskurs um die Nutzung Freier Software thematisiert: Mit Linux gegen Microsoft? Opensource-Software für freie (Bürger-) Medien umschreibt diesen Tagungsteil. Außerdem findet im Zusammenhang mit der Tagung die Verleihung des 1. Bürgermedienpreises statt.
conneX:
Ist die Veranstaltung NRW-spezifisch oder auch für den „Rest der Welt“ interessant?
Grieger:
Die Tagungsreihe reflektiert immer grundsätzliche Fragen der Bürgerbeteiligung an den Medien und setzt sich mit der Digitalisierung und der Entwicklung einzelner elektronischer Medien (Fernsehen/Radio/Internet) auseinander. NRW-Entwicklungen werden immer wieder im Kontext bundesdeutscher medienpolitischer Entwicklungen hinterfragt.
http://www.hattingen.dgb-bildungswerk.de/xohn/
Author: Redaktion
E-Mail: KarlheinzGrieger@t-online.de