„Zwischen Integration und Bewahrung“

In der Debatte um die Zuwanderung spielen integrative Prozesse durch die Medien eine besondere Rolle.

„Ich finde eine iranische Sendung im Radio sehr wichtig“, sagt Sadegh. Neben Persisch spricht der 30-Jährige auch Deutsch. Obwohl der Student schon über 15 Jahre in Hannover lebt, möchte er auch in seiner Muttersprache über das Geschehen in Hannover informiert werden. Sadegh steht mit seiner Ansicht nicht alleine. Gerade von der iranischen Sendung Awa – die einmal wöchentlich bei Radio Flora ausgestrahlt wird – wünscht sich die Mehrheit der über 40 Befragten eine ausgewogene Berichterstattung über den Iran und über Deutschland. Obwohl viele der Zuwanderer schon seit Jahrzehnten in Hannover leben, ist die Muttersprache wichtig für ihre kulturelle Identität. Das ist die Kernaussage der bislang ersten derartigen qualitativen Studie, die an der Universität Hannover entstanden ist.

Um die Akzeptanz und Identifikation mit dem iranischen Programm festzustellen, führte Reza Salimi-Asl in seiner Abschlussarbeit Gruppendiskussionen mit Hörern und Hörerinnen durch. Geklärt wird der Stellenwert, den deutsche und iranische Medien im Alltag für die Zuwanderer haben. Festgemacht an den demografischen Indikatoren und komplementiert durch Daten über die Sprachkompetenz, Themeninteressen, Orientierung in der deutschen Gesellschaft sowie über das Informations- und Unterhaltungsbedürfnis. Mit der längst überfälligen Untersuchung können Aussagen über die sozialen und politischen Integrationsprozesse nicht nur im Lokalradio gemacht werden. Ergänzt wird die Untersuchung durch eine Kommunikatorstudie und Inhaltsanalyse.

„Die Sendungen könnten dazu beitragen“, so Sadegh, „dass Iraner und Deutsche zusammen finden.“ Es gehe in erster Linie um einen anderen Umgang mit Minderheiten in den Medien und um die Berücksichtigung ihrer Interessen. Fast alle Rezipienten beklagen, dass ihre Community aus der deutschen Medienlandschaft rausfalle.

Es gibt bei dem niedersächsischen Bürgerradio durchaus Ansätze für diese Zielgruppe, die aber nur wenigen Migranten bekannt sind. Außerdem sind diese Sendungen nur unzureichend in das deutschsprachige Rahmenprogramm integriert. Es fehlt an interkultureller Kompetenz und an einem Gesamtkonzept für die neue Zielgruppe.

Dennoch halten die Befragten das Angebot in ihrer Muttersprache für verbesserungswürdig. Gerade jüngere Hörer vermissen ein Programm, dass ihre Interessen stärker berücksichtigt. „Für mich sollte mehr Musik gespielt werden“, so ließe sich die Befragung, die zusätzlich zu vier Gruppendiskussionen durchgeführt wurde, zusammenfassen.

Längst ist Deutschland für die Migranten zur zweiten Heimat geworden. Trotzdem besteht eine starke Bindung an iranische Medien. Obwohl Programme aus dem Iran längst über Satellit empfangen werden können, spielt das Lokalradio eine besondere Rolle. Ein Potential für Sendungen in der Muttersprache existiert  – es hätte acht Jahre nach Sendestart von den deutschen und iranischen Programmmachern längst entdeckt werden müssen.

Author: Reza Salimi-Asl
E-Mail: prmedien@gmx.net

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