Die Youngsters unter den Offenen Kanälen sind keine Zwerge mehr. Einige Bürgersender in Thüringen steuern den 5. Geburtstag an. Den Kinderschuhen sind sie längst entwachsen. So auch der Offene Kanal Jena, der am 13. März vor fünf Jahren seinen Sendebetrieb aufnahm. Aus 8 Stunden wöchentlicher Sendezeit sind mehr als 80 geworden. 1000 Nutzerinnen und Nutzer sind registriert; 200 davon sind im Durchschnitt pro Quartal aktiv. „Heute hat sich der Offene Hörfunkkanal Radio OKJ nach einer von der Thüringer Landesmedienanstalt in Auftrag gegebenen Studie so etabliert, dass er für viele Menschen in der Saalestadt Jena mit ihren zwei Hochschulen nicht mehr wegzudenken ist. Damit war auch klar, dass einer Verlängerung der Sendelizenz im Sommer 2002 nichts im Wege stand; Radio OKJ ist somit noch bis mindestens Sommer 2006 on Air“, stellt der Trägerverein auf der Website des Senders fest.
Grund zum Feiern: „Unsere Festveranstaltung sollte den Nutzern gewidmet sein. Die Anordnung symbolisierte das Prinzip des Offenen Kanals: Die interviewten OK-Nutzer saßen im Publikum, und wenn sie auf die Bühne kamen, um vom Moderator Martin Stiebert interviewt zu werden, wurde jeweils 1 Minute Hörbeispiel eingespielt“, meint Torsten Cott, der den Offenen Hörfunkkanal seit 2001 leitet. Das Programm von Radio OKJ ist OK-typisch bunt. Klassik, Techno, Punk, Jazz, die ganze Bandbreite ist da. Auch die Philosophie der einzelnen Radiomacher ist höchst unterschiedlich: Die einen eifern der Professionalität großer Jugendsender nach und preisen Informationsbeiträge nach dem Motto „Alles zur Wahl in 99 Sekunden“ an; die andern machen gemächliches Talkradio mit langen Diskussionsstrecken.
Die jungen Nachwuchsprofis sammeln sich z. B. bei MAX-FM, die ernsthaften Diskutanten zergliedern Themen wie „Was ist sozial gerecht?“ und gehören beispielsweise den „Freidenkern“ an. Die Radiosenioren hingegen produzieren eine Sendestunde über „Tees für ältere Menschen“, wenden sich der Heimatgeschichte oder dem Jenaer Dialekt zu. „Unterhaltsam und engagiert“ wolle Radio OKJ sein, steht im neuen Faltblatt. Beides kann Offener Kanal sein, wenn auch nicht unbedingt zur gleichen Zeit. Jeder Hörer pickt sich seine Lieblingsrosinen aus dem täglichen Ablauf. Stammhörer mag es nicht so viele geben; dass OKJ Hörer hat, macht sich aber in Gestalt erstaunlich zahlreicher Anrufe bei kontroversen Themensendungen bemerkbar.
Der Dreh- und Angelpunkt des Tagesablaufs professioneller Sender ist die Morningshow. Die hat der Offene Kanal natürlich auch nicht, oder? Seit 2001 beteiligen sich radiobegeisterte Studierende der Fachhochschule und der Schiller-Universität am OKJ-Programm; mit 2 Stunden vierzehntäglich haben sie begonnen, und zum 13. April 2004 werden sie sich auf immerhin 2 tägliche Stunden steigern, alles ehrenamtlich. Beiden Hochschulen steht ein eigenes Hörfunkstudio zur Verfügung, und von dort kommen auch die Sendungen, demnächst täglich von 8 bis 10 Uhr.
Wichtig ist dem Offenen Kanal die „Nachwuchsarbeit“ mit den ganz jungen: Im Rahmen des Kinderradioprojektes „Rabatz“ der Thüringischen Landesmedienanstalt koordiniert bei Radio OKJ Dr. Ute Eckelkamp Seminare und Schulungen für Erzieher(innen) und Lehrer(innen). Kinder und Jugendliche werden vor allem über schulische und außerschulische Einrichtungen angesprochen. Ihre ersten Radioproduktions-Gehversuche werden mit besonderer Aufmerksamkeit begleitet.
1998 gründete sich der Trägerverein des Offenen Hörfunkkanals Jena. Für kurze Zeit war unklar, ob Jena einen Radio- oder einen Fernsehsender erhalten würde. Schließlich wurde Radio OKJ 1999 der erste vereinsgetragene Offene Kanal Thüringens. Der Sender ist auf örtliche Unterstützung angewiesen und hat auf seiner Website einige Sponsoren vorzuweisen. Die Stadtverwaltung, nahezu pleite wie viele Städte in Ost und West, gibt pro Jahr 1.000 Euro dazu. In der Jubiläumsbilanz ist die Zurückhaltung des Stadtvorstands ein Wermutstropfen: Das Engagement der ehrenamtlichen Radiomacher und des hauptamtlichen OK-Teams für die Saalestadt wird gelobt, aber nicht wirklich gewürdigt.
Author: Hans-Uwe Daumann
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