So kann es einem gehen: „Also man begrüßt alle freundlich, drückt seine Freude über die Anwesenheit aus und lässt die Leute sich vorstellen. Und dann stellt man zu seinem Erstaunen fest, dass am Tisch leider nur der eine Teil der beiden Parteien befindet, die man doch unbedingt zusammenführen wollte. Entweder es sitzen nur Jugendeinrichtungen da, oder nur Lehrkräfte.“ Der Brückenschlag zwischen Schulen und außerschulischer Medienpädagogik fällt nicht immer leicht, wie Ida Pöttinger in ihrem amüsanten Nachwort „Die Leiden einer leidenschaftlichen Netzwerkerin“ berichtet. Sowohl mit der Fachtagung „Jugendmedienarbeit kooperiert mit Schule“, die die GMK im Februar 2004 in Berlin veranstaltete, wie auch mit dem Ende 2004 erschienen Aufsatzband „Medienbildung im Doppelpack“ ist es durchaus gelungen, die beiden Bereiche in Kontakt zu bringen.
Im „Jahre 3 nach PISA“ steht die Öffnung der Schule für neue Lernformen und neue Kooperationspartner unverändert auf der Tagesordnung. Wie dies gelingt, darüber berichtet z. B. Andrea Müller-Goebel vom Landesmedienzentrum Rheinland-Pfalz. „Finnland“, die „Schule als Lebensraum“ steht als bildungspolitisches Ideal über der Einrichtung von 300 „Ganztagsschulen der neuen Form“ in Rheinland-Pfalz, die seit dem Schuljahr 2002/03 in Angriff genommen wurde. Medienpädagogik hat ihren Platz im Nachmittagsunterricht der neuen Ganztagsschulen gefunden und wird im Rahmen fester Vereinbarungen mit Partnern wie der Landeszentrale für private Rundfunkveranstalter und dem Bildungszentrum BürgerMedien durchgeführt. Auch das Landesmedienzentrum ist mit dem Projekt „CU TV & Net“ in Ganztagsschulen aktiv, berät die Schulen überdies bei der technischen Ausstattung und bildet Lehrkräfte fort.
Bernward Hoffmann, als Professor an der Fachhochschule Münster Ausbilder von Sozialpädagogen, beschreibt in seinem Artikel die Chancen, die das Konzept der „Offenen Ganztagsgrundschule“ in Nordrhein-Westfalen bietet. Die Schulen befänden sich bereits seit Jahren auf dem Weg der Öffnung. Werde der Gegensatz zwischen dem aus Kindersicht „fremdbestimmten“ Unterricht am Vormittag und der „selbstbestimmten“ Freizeit in einer Jugendhilfeeinrichtung aufgehoben, dann komme man zu einem „ganztägig geöffneten Haus des Lernens“, wie es die nordrhein-westfälische Bildungsministerin Ute Schäfer bezeichnet.
Auf Ende der 60er Jahre datiert Horst Niesyto, Medienpädagoge an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg, den Beginn der Versuche, Kooperationen zwischen Schule und Jugendhilfe in der Bundesrepublik herbeizuführen. Auf beiden Seiten sieht er aktuell die Notwendigkeit, bisherige Angebotsstrukturen zu überdenken, und dies nicht allein unter dem Spardiktat schrumpfender öffentlicher Haushalte, sondern unter der zentralen Fragestellung, Bedarf und Profil von Bildungsangeboten neu zu bestimmen.
Für die „Visionen neuen Lernens“ im Sammelband ist Franz Josef Röll von der Fachhochschule Darmstadt zuständig. Er hält einen Paradigmenwechsel in der Pädagogik für notwendig. Einer von 12 Punkten, die Röll aufführt, heißt „Von dem Lernen von Fakten zum Erlernen des Suchens“. Spätestens hier wird der Medienarbeiter aufmerksam: Aktiver Mediengebrauch schließt die kompetente Handhabung von Werkzeugen des Suchens mit ein, von denen die „Suchmaschine“ im Netz nur eines ist.
Ida Pöttinger, Wolfgang Schill, Günter Thiele (Hrsg.), Medienbildung im Doppelpack, Wie Schule und Jugendhilfe einander ergänzen können, GMK Bielefeld 2004
Author: Hans-Uwe Daumann
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