Spielerisch handelnd Medienkompetenz erwerben

In der Abteilung Medienpädagogik der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg starteten in den letzten Jahren weit beachtete Projekte, in denen der aktive Mediengebrauch von Kindern und Jugendlichen im Kulturvergleich betrachtet wurde. Eines davon, CHICAM (Children in Communication about Migration) widmete sich 10- bis 14-jährigen Kindern, die im Zusammenhang mit Migration oder Flucht in verschiedenen europäischen Ländern leben. Dabei war die Ludwigsburger Hochschule ein Partner des Institute for Education an der London University; auch in Italien, den Niederlanden, Griechenland und Schweden existierten jeweils für ein Schuljahr CHICAM-Medienclubs, in denen die Kinder unter medienpädagogischer und wissenschaftlicher Begleitung Medienprodukte erstellten, die dann via Internet zwischen den beteiligten Ländern ausgetauscht wurden.


Björn Maurer, der die Ergebnisse seiner Diplomarbeit unter dem Titel „Medienarbeit mit Kindern aus Migrationskontexten – Grundlagen und Praxisbausteine“ veröffentlicht hat, war damit beauftragt, in der Pilotphase der CHICAM-Aktivitäten an einer Hauptschule in Schwäbisch-Gmünd ein medienpädagogisches Curriculum einschließlich detaillierter pädagogisch-didaktischer Bausteine zu entwickeln.
Maurer beginnt mit einer kritischen Bestandsaufnahme medienpädagogischer Praxisliteratur und stellt fest, dass „die Produktionsreihenfolge Exposé, Storyboard, Drehplan, Aufnahmephase, Schnitt, wie sie in der Jugendvideoarbeit in Deutschland weit verbreitet ist, … Kinder und Jugendliche aus Migrationskontexten bzw. aus sozial und bildungsmäßig benachteiligten Verhältnissen“ wenig anspricht. Für die CHICAM-Zielgruppe setzt Maurer auf Aspekte des wahrnehmungsorientierten Ansatzes: „Der Bezug zur Lebenswelt, Möglichkeiten des selbstentdeckenden Lernens, spielerische Aneignungsformen, hohe Anschaulichkeit und der Umgang mit non-verbaler Symbolik sowie Raum für die Umsetzung spontaner Ideen sind Vorzüge dieses Ansatzes“.

 

Da die CHICAM-Kinder meist nur Frontalunterricht gewöhnt sind, stellt sich die Frage, wie weit selbstgesteuertes und kollektives Lernen möglich sei. „Scaffolding und Fading“ lautet hier der Fachterminus für Lernabläufe, die einen situationsadäquaten Wechsel zwischen Impulsen und Hilfestellungen („Scaffolding“) und einer Rücknahme der Unterstützung („Fading“) beinhalten. Dementsprechend bietet Maurers Buch eine Vielzahl von „Praxisbausteinen und Übungen“, die „Frustrationserfahrungen minimieren und schnelle ästhetische Erlebnisse ermöglichen“ helfen.

„Videofangen“, „Inframe – Out-of-frame“,“Close-up-rhythm“ heißen Basis-Videoübungen, bei „Horrorfilm, Lovestory oder Science Fiction“ werden die Tonbearbeitungsmöglichkeiten handelsüblicher Schnittprogramme ausgereizt. Oft als Einstieg verwendete Aktionsformen wie Straßeninterviews werden ausführlich methodisch und didaktisch erläutert. Nicht zuletzt wird deutlich, wie sich in dem multimedial angelegten Projekt CHICAM die spezifischen Möglichkeiten von Fotografie, Video und Internet ergänzen.
Die Ergebnisse des CHICAM-Projekts waren nicht Gegenstand von Maurers Arbeit; hierzu sei die deutsche Website von CHICAM empfohlen. Für alle, die in der Medienarbeit mit Kindern aus sozial und bildungsmäßig benachteiligten Verhältnissen theoretische und praktische Anregung suchen, lohnt sich der Blick in Maurers Buch.


Björn Maurer: Medienarbeit mit Kindern aus Migrationskontexten – Grundlagen und Praxisbausteine, in der kopaed-Reihe: Medienpädagogische Praxisforschung, München 2004

Author: Hans-Uwe Daumann
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