Der Hörsaal 1 im alten Hauptgebäude der Universität Hamburg ist voll bis auf den letzten Platz. 600 Jugendliche lauschen 5 Erwachsenen, die über die Zukunft der Europäischen Union diskutieren; unter ihnen Karin Junker, langjährige Abgeordnete des Europäischen Parlaments. „Medien. Europa. Zukunft“ lautet der Titel der Jugendmedientage 2005, die von 30. September bis 3. Oktober 2005 in Hamburg stattfinden. Aus ganz Deutschland sind junge Medienmacher auf Einladung der Jugendpresse Deutschland auf den Campus der Universität Hamburg gekommen, um Kontakte zu knüpfen, sich journalistisch zu bilden und sich Gedanken über Europa zu machen. Den anwesenden Politikern bereiten die Jugendlichen einen höflichen bis begeisterten Empfang. Ole von Beust, der die dreitägige Veranstaltung am 30. September eröffnet, wird bejubelt, auch Karin Junker erhält Beifall. „Unter Ihnen sind die künftigen Chefredakteure von Spiegel und Focus“, hatte Berthold Flöper, der Leiter des Journalistenprogramms der Bundeszentrale für politische Bildung, die Teilnehmer begrüßt. Der Journalistennachwuchs gibt sich kritisch, aber staatstragend.
Es hat Vor- und Nachteile, als einer der wenigen Erwachsenen zu den Jugendmedientagen zu gehen. Über 27-jährige haben eigentlich nur als Referenten Zutritt. Sie müssen sich nicht am Check-In-Schalter anstellen, wo bis zu von Beusts Grußwort gerade einmal 100 Teilnehmer durchgeschleust sind. Sie müssen nicht in Turnhallen übernachten und können das Mensaessen durch anderswo konsumierte Nahrungszusätze geschmacklich aufwerten. Andererseits geht die Stimmung des Treffens an ihnen komplett vorbei. Die Jugendlichen schaffen es, konzentriertes Zuhören bei etlichen Symposien, motivierte Mitarbeit in den Workshops und diszipliniertes Schlangestehen mit Fetenstimmung in den Pausen und an den Abenden zu verbinden. Auch die Jugendredakteure aus den rheinland-pfälzischen Offenen Kanälen sind in großer Zahl wiedergekommen, obwohl sie das organisatorische Chaos letztes Jahr in München noch in lebhafter Erinnerung haben. Tatsächlich hat das Orga-Team der Jugendpresse Deutschland e. V. erheblich dazugelernt; meist ist in kürzester Zeit jemand zur Stelle, der den Medienpädagogen Katja Batzler aus Ludwigshafen und Christian Kleinhanß aus Daun dabei hilft, den Messestand der Jugendredaktionen aufzubauen, Workshops vorzubereiten und die Aufzeichnungstechnik des Ludwigshafener Medienmobils z. B. im Hörsaal 1 zu installieren. Mit Aufzeichnungen von drei Symposien, mit Workshops zu „Medienanalyse“ und „Liveaufzeichnung“ und mit dem Ausstellungsstand beteiligen sich die Landeszentrale für Medien und Kommunikation, das Bildungszentrum BürgerMedien und die Jugendredaktionen „Zoom“ aus Ludwigshafen und „Guggemodo TV“ aus Landau an den Jugendmedientagen.
Die Jugendmedientage 2005 sind ein Wanderzirkus; die Veranstaltungen verteilen sich über den gesamten Campus. Wie professionelle Reiseleiter sammeln die Orga-Leute Workshopgruppen mit hochgehaltenen Plakaten ein, bevor es vom Audimax wieder in irgendein entferntes Gebäude geht. Nachdem am Sonntag Kantine und Ausstellung im Audimax abgebaut sind, findet im neuen Erweiterungsbau des Hauptgebäudes 500 Meter entfernt ein rauschendes Abschiedsfest statt.
2006 werden die Jugendmedientage im Bundestag in Berlin gastieren. Wer dabei sein will, muss sich erstmals bewerben: Mit einem Beitrag, der Teil eines Buches sein wird, das die anwesenden Politiker übereicht bekommen werden. Das neue Auswahlverfahren hat sofort den Ehrgeiz der Landauer von „GuggemodoTV“ geweckt: „Wir müssen einen politischen Beitrag machen, damit wir nach Berlin dürfen!“ Katja Batzler, die betreuende Medienpädagogin, ist zufrieden. Ihre Arbeit trägt Früchte, und auch das „geopferte“ Wochenende macht sich bezahlt in Form der vielen neuen Eindrücke und der frischen Motivation, die die Jugendredakteure aus Hamburg mit nach Landau nehmen.
Author: Hans-Uwe Daumann
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