Die neun Freien Radios in Baden-Württemberg sowie die Radioinitiative Konstanz, zusammengeschlossen in der Assoziation freier Gesellschaftsfunk (AFF) haben am 16. März 2006 eine erste Bilanz der Tätigkeit von Thomas Langheinrich gezogen – Langheinrich hat am 1. April 2005 sein Amt als Präsident der Landesanstalt für
Kommunikation (LfK) angetreten und ist als solcher zuständig für die Aufsicht und die Förderung freier Radios im Südweststaat.
Seit dem Amtsantritt von Thomas Langheinrich hat sich nach Ansicht der AFF-Mitglieder die Situation der Freien Radios in Baden-Württemberg weiter verschärft. Dies zeige sich
sowohl bei der Frequenzvergabe, der reduzierten institutionellen Förderung als auch an an einer übertriebenen Aufsichtsmaßnahme.
Joachim Stein, AFF e.V. Geschäftsstelle Stuttgart: „Wir konstatieren allgemein rechtsfreie Räume bei der Vergabe von Rundfunklizenzen, Gefälligkeiten bei der Vergabe von Fördermitteln und Rechtsverstöße bei der Förderung von neuen Medienformen.“ Die AFF kritisiert, dass die LfK im Jahr 2005 in zwei Fällen Frequenzen ohne erneute Ausschreibung zuwies:
In Karlsruhe/Bruchsal soll das insolvente IFM von anderen Trägern übernommen werden, obwohl eine Übertragung von Lizenzen nach dem Landesmediengesetz nicht möglich ist. Der Antrag des AFF-Mitglieds Querfunk auf die Frequenz
wurde hingegen zurückgewiesen, obwohl Querfunk sich seit Jahren die Frequenz unfreiwillig mit dem IFM teilen muss. Timo Stadler, Sprecher des Querfunk: „Die LfK versucht derzeit aktiv, die Frequenz von Querfunk unattraktiv zu machen, indem sie seit Monaten das Senden von ausschließlich Endlosschleifen, Stille oder Wiederholungen in der Sendezeit des insolventen IFM gestattet.“
Laut AFF verknüpfte die LfK im Dezember 2005 erneut eine Aufsichtsmaßnahme mit der Auszahlung von Fördermitteln – ein Vorgehen, das laut AFF in einem vergleichbaren Fall bereits 1996 über zwei gerichtliche Instanzen zu einer Niderlage der LfK führte. Derzeit sind sieben Verfahren von Nichtkommerziellen Sendern gegen die LfK anhängig.
Die AFF sieht die nichtkommerzielen Radios bei der Frequenzzuteilung deutlich benachteiligt. „Schon bisher wurden Freie Radios mit schlechten Frequenzen abgespeist und mussten sich diese teilweise noch mit anderen Anbietern teilen, doch noch nie wurde diese Praxis so unverblümt gerechtfertigt wie von Herrn Langheinrich“, so die AFF.
Kürzung der Fördermittel
Gunther Ziegler, Mitglied des Sprecherrates der AFF: „Die im Haushalt der LfK zur Verfügung stehenden Mittel aus den Rundfunkgebühren werden nicht im Sinne des Bundesverfassungsgerichts eingesetzt. Der Auftrag lautet, mit diesen die Meinungs- und Kulturvielfalt zu stärken. Dies geschieht nach Auffassung der AFF durch die Förderung
von kommerziellem Dudelfunk, Berufsausbildungsfunk und teuren Projekten wie DAB nicht.“ 2006 wurde die institutionelle Förderung der NKLs um 3 % gekürzt – seit 2004 bedeutet dies unter Einbezug der Preissteigerungsrate eine siebenprozentige Kürzung. Begründet wurde dies mit den steigenden Sende- und Leitungskosten. Der Vertrag
zwischen LfK und T-Systems sieht eine automatische jährliche Erhöhung der Sender- und Leitungskosten vor.
Präsident Langheinrich kündigte zudem an, die Förderung der NKLs durch die LfK auf Komplementärförderung umzustellen. 2004 führte die LfK zusätzlich zur institutionellen Förderung eine Projektförderung ein. Jeder der 13 NKL-Veranstalter kann jährlich ein von der LfK ausgeschriebenes
Projekt beantragen. Der Topf hierfür hat jedes Mal ein Gesamtvolumen von 100.000 Euro. Für die drei sendenden Lernradios – von denen eines inzwischen insolvent ist –
wird ebenfalls jährlich ein Topf mit 100.000 Euro eingerichtet. „Die Bevorteilung der Lernradios ist leicht zu errechnen“, meinen die AFF-Vertreter.
Die LFK wies die von der Assoziation freier Gesellschaftsfunk Baden-Württemberg (AFF) in der Pressekonferenz vom 16. März erhobenen Vorwürfe als völlig unbegründet zurück. „Wir haben für die Förderung der NKL 2006 insgesamt sogar mehr Fördermittel eingeplant als 2005“, so Thomas Langheinrich, Präsident der LFK. Der Haushaltsansatz liegt für dieses Jahr bei 799 000 Euro, im Jahr 2005 waren 789 000 Euro ausgewiesen. Dieser Ansatz liegt genau bei 10 % der Rundfunkgebühren, die die LFK erhält. Nach § 47 Abs.1 LMedienG können zur Förderung der nichtkommerziellen Radios höchstens 10 % der der Landesanstalt aus den Rundfunkgebühren zustehenden Mittel verwendet werden.
Seit 2004 habe sich die Förderung der technischen Infrastruktur wesentlich erhöht, so die LfK. Den NKL wurden zusätzliche Sender mit zum Teil verbesserter Leistung zugewiesen, so dass diese nun etwa 1 Mio. zusätzliche Einwohner erreichen können.
„Leider ist es den NKL trotz der hohen Förderbeträge und der Verbesserung der technischen Reichweite nicht gelungen, dies auch in höhere Hörerzahlen umzusetzen und ihre Finanzierungsbasis durch mehr Mitglieder und Kooperationen zu verbessern. Zwar gibt es hier bei einzelnen Veranstaltern gute Ansätze in einer besseren Verankerung vor Ort, die wir auch mit besonderen Projektgeldern fördern, insgesamt ist das Ergebnis aber eher enttäuschend“, so Thomas Langheinrich in seiner Bewertung. „Wir haben daher gemeinsam im Vorstand im letzten Jahr beschlossen, die Förderrichtlinien 2007 zu ändern, um angesichts immer knapper werdender Haushaltsmittel unsere Fördergelder dahin zu leiten, wo sich positive Effekte in Bezug auf Programm und medienpraktische Ansätze erwarten lassen.“
Author: AFF / LfK / Redaktion conneX
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