Seit Mitte Februar bereichert ein tägliches Nachrichtenformat das Programm des OK Kassel: Die rund 10minütigen News aus Kassel und der Region kommen aus den Redaktionsräumen der nordhessischen Regionalzeitung «Hessische-Niedersächsische Allgemeine» (HNA) und werden ab 17.45 Uhr ausgestrahlt. Vor der Kamera stehen die Redakteure der einzelnen Ressorts und berichten über aktuelle Ereignisse aus Politik, Kultur, Wirtschaft und Sport, hinter der Kamera agieren Volontäre und Praktikanten. Obwohl nur eine Kamera das Büro schmückt und auf Schnittbilder und Einspielungen gänzlich verzichtet wird, brachte das Fernsehprojekt den Alltag in der Zeitungsredaktion vor allem in der Probephase gehörig durcheinander. Der zeitliche Aufwand war deutlich höher als geplant, die Tücken der Technik erschwerten die Aufzeichnung ebenso wie die Unerfahrenheit der Journalisten im neuen Medium.
Inzwischen ist auf beiden Seiten der Kamera die entsprechende „Routine“ eingekehrt, so dass die Zeitungskonferenzen wie in all den vielen Jahren zuvor wieder pünktlich beginnen können.
Die neue Sendung im Offenen Kanal Kassel sorgte innerhalb kurzer Zeit für medienpolitisches Aufsehen. Der Hessische Rundfunk (HR), öffentlich-rechtlicher Sender mit einem großen Regionalstudio in Kassel, warf der Landesanstalt für den privaten Rundfunk (LPR Hessen), ebenfalls in Kassel vor, gegen das Hessische Privatrundfunkgesetz zu verstoßen. Die LPR Hessen ist Aufsichtsbehörde und Träger der Offenen Kanäle in Hessen.
Die Sendung enthalte entgegen den Regeln des Offenen Kanals Dauer-Werbung für die Zeitungsmarke HNA, lautete der Vorwurf des HR-Intendanten Helmut Reitze. «Der Hessische Rundfunk wird den Schleichwerbe-Fall prüfen und eventuell rechtliche Schritte einleiten. Wenn eine tägliche Nachrichten-Sendung der HNA offenbar als Sendung eines Privatmanns getarnt werden kann, dann muss die Landesanstalt für privaten Rundfunk schon blind sein, um da keinen Verstoß gegen die Regeln für die Offenen Kanäle zu erkennen.», sagte Reitze der „Netzeitung“.
Der stellvertretende Direktor der LPR Hessen, Joachim Becker, wies die Kritik zurück. Die Tatsache, dass es sich um Zeitungsredakteure handle, die die Sendung produzieren, sei laut Hessischem Medienrecht kein Ausschlusskriterium – anders als bei Bediensteten von privaten Rundfunkveranstaltern oder öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, sagte Becker. Die Einblendung des Zeitungs-Logos sei allerdings nicht zulässig und daher nach der ersten Sendung unterbunden worden.
Die Versammlung der LPR Hessen hat sich am 3. April in ihrer Sitzung ausführlich mit den rechtlichen Bedingungen der Sendung „Alszus“ auseinandergesetzt. Den Beratungen vorangegangen waren intensive Diskussionen in ihrem Rechts- und Satzungsausschuss, der bereits am 20. März 2006 getagt hatte.
Nach den ausführlichen Beratungen haben die Mitglieder der Versammlung festgestellt, dass die Sendung für den Zuschauer aufgrund ihrer Gestaltung wie eine „HNA-Sendung“ erscheinen könne. Allerdings zeigten die Zuschauerreaktionen, dass das Publikum die Sendung als eine deutliche Bereicherung des OK-Programmes und als eine klare Verbesserung der aktuellen Informationen aus der Region bewerten würden. Die Nachfrage nach tagesaktuellen Berichten aus Nordhessen sei hoch.
Im Ergebnis der Beratungen kamen die Mitglieder der Versammlung überein, die Sendeanmelder von „Alszus“ zu einer Änderung der Sendungsgestaltung zu bewegen: Die Sendung sei so zu gestalten, dass der Eindruck einer „HNA-Sendung“ nicht entstehen könne. Die Gespräche, an denen der Versammlungsvorsitzende und der Direktor der LPR Hessen teilnehmen werden, sollen in Kürze stattfinden.
Gleichzeitig will die Versammlung die OK-Nutzungsordnung dahingehend überprüfen, ob Angehörige von Medienunternehmen wie die Redakteure von Tageszeitungen die gleichen Nutzugsmöglichkeiten der Offenen Kanäle haben sollen wie andere Bürger.
„Die Akzeptanz der Sendung ist zwar sehr hoch; die Offenen Kanäle in Hessen dürfen sich aber keinesfalls Schleichwerbevorwürfen aussetzen. Es darf nicht der Eindruck erweckt werden, als ließen sich die Offenen Kanäle als Werbeplattformen durch kommerzielle Unternehmen missbrauchen. Wir wollen nicht, dass die Offenen Kanäle, die sehr gute Arbeit leisten, hierdurch Schaden nehmen“, so Winfried Engel, Vorsitzender der Versammlung im Anschluss an die Entscheidung.
Apropos: „Alszus“ ist nordhessisch und bedeutet ständig, andauernd.
Author: LPR Hessen / Redaktion conneX
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