Offene Kanäle: Kabel bleibt ohne Alternative

500.000 Haushalte, etwa ein Drittel aller Rheinland-Pfälzer können Offene Kanäle sehen. Alle 28 Bürgerfernsehsender werden in Kabelnetzen verbreitet – den kleinsten können knapp 40, den größten über 100.000 Haushalte empfangen. Während die Verteilung in den Netzen in den meisten Fällen für die Trägervereine und die Landesmedienanstalt kostenfrei ist, fallen für die Sendeleitungen zwischen den Studios und den Kopfstationen der Netze Kosten an. 2007 läuft der Leitungsvertrag der Landeszentrale für Medien und Kommunikation (LMK) mit T-Systems aus; danach wären erhebliche Kostensteigerungen zu erwarten. Die LMK kündigte daher 2005 an, technische Alternativen zu prüfen. Beim Tag der Offenen Kanäle am 13. Mai 2006 referierte Joachim Lehnert, der für Technik zuständige Abteilungsleiter der LMK, die Erkenntnisse aus dieser Prüfung.

 

Gegen die Kabelverbreitung waren angetreten: Die Nutzung digitaler Satellitentransponder, das neue digitale Antennenfernsehen DVB-T und die schnelle Internettechnik DSL. Das Ergebnis: Das Kabel bleibt auch in Zukunft die einzige finanzierbare Übertragungstechnik. Ein digitaler Satellitenkanal verursacht alleine mehr jährliche Kosten als alle Kabel-OKs zusammen; dabei sind die Leitungskosten, die die Signalzusammenführung aus den Studios verursacht, noch nicht eingerechnet. Auch lokale DVB-T-Sender und die Fixkosten für Internetserver, die die Voraussetzung eines OK-Empfangs über DSL wären, sind erheblich teurer als die Kabelverbreitung und haben überdies den Nachteil, weit weniger potentielle Zuschauer zu erreichen.

 

Die LMK steht also weiterhin vor dem Dilemma, bei künftig stagnierenden Gebühreneinnahmen steigende Leitungsrechnungen erwarten zu müssen. Auf zwei Arten will man gegensteuern: Der Leitungsbedarf wird europaweit ausgeschrieben und durch Kooperationen mehrerer Offener Kanäle fallen einige der bestehenden Heranführungsleitungen künftig weg. Bereits seit vielen Jahren teilen sich die Offenen Kanäle Neuwied und Andernach ein Kabelnetz; tageweise wird umgeschaltet. Künftig sollen mehrere „Pärchen“ von Offenen Kanälen nur noch an einem Punkt in ein dann größeres Netz eingespeist werden. Eine Sendeabwicklung fällt dann weg. Auch Livesendungen aus dem Studio des „Juniorpartners“ entfallen fürs Erste, sollen aber künftig durch breitbandigere DSL-Verbindungen zwischen den Senderstandorten wieder ermöglicht werden.

 

Lehnert nannte am 13. Mai in Mainz einige potentielle Pärchen: Die Offenen Kanäle Trier und Bitburg gehören dazu, ebenso Mainz und der OK Rheinhessen-Mitte in Alzey, Kaiserslautern und der OK Westrich in Landstuhl und im Bereich des Südwestpfalz-OKs die beiden kleineren Studios in Dahn und Hauenstein. Für den jüngsten Offenen Kanal im Lande, den OK Bad Kreuznach, bietet sich möglicherweise die Chance, künftig auch die Kabelnetze von Bingen und Simmern zu erreichen. Im ältesten Kabelnetz rund um Ludwigshafen, das sich auf insgesamt 6 Offene Kanäle verteilt, wird es wahrscheinlich zu relativ geringfügigen Verschiebungen kommen.

 

Bis zur Mitte des Jahres 2006 soll das komplette technische Konzept für die Verbreitung Offener Kanäle in der planbaren Zukunft stehen; bis dahin werden von Veränderungen betroffene Vereine gehört werden. Wenn der Technikausschuss und die Versammlung der LMK zustimmen, wird die Medienanstalt eine europaweite Ausschreibung veröffentlichen. Mitte 2007 werden die Verbreitungsgebiete vieler rheinland-pfälzischer Offener Kanäle dann tatsächlich neu geschnitten. Außerdem werden ab diesem Zeitpunkt ausschließlich digitale Heranführungsleitungen genutzt. Vergleichsweise geringere Kosten und bessere Übertragungsqualität erwartet Joachim Lehnert von diesem Maßnahmenbündel. Als Bonbon könnte die Einführung lokaler Videotextdienste hinzukommen. Trotz der veränderten technischen Rahmenbedingungen seien der Bestand und die Arbeit der lokalen Offenen Kanäle ungefährdet, resümierte Lehnert in Mainz.

Author: Hans-Uwe Daumann
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