„Auf Spurensuche nach dem SCH“

 

Handys in der Grundschule? Nicht Telefonieren und SMS stehen im Mittelpunkt, wenn die Medien-pädagogen von medien+bildung.com mit Handys in die Schule kommen – „mobiles Lernen“, neue Methoden für das Lernen der Zukunft sind das Thema. Die Lehrer sind mit Überzeugung dabei; die Eltern sind einverstanden, und den Kindern macht es Spaß.

 

Das Projekt „MyMobile – Handy im Unterricht“ läuft seit September 2009 in unterschiedlichen Schulen in Rheinland-Pfalz. Die Kinder im Anfangsunterricht der Klasse 1a in der Luitpoldschule in Ludwigshafen-Friesenheim sind seit wenigen Wochen dabei; sie sind auch mit Abstand die jüngsten Projektteilnehmer. Ziel ist es dabei, das Alltagswissen der Kinder in den Lese- und Schreibunterricht zu integrieren und somit das Handy als Kommunikationsbrücke zwischen dem vorgegebenen Lernstoff der Schule und dem informellen Alltagslernen der Kinder zu nutzen.

 

„Frau Mayer, wir haben gar nicht gerechnet, dass sie diese Woche noch mal wieder zu uns kommen!“ So begrüßte Faruk, eines von 26 Kindern der Klasse 1a in der Luitpoldschule Ludwigshafen, Katja Mayer bei ihrem zweiten Besuch. Der Kleine war überrascht, aber sichtlich erfreut, dass die Medienpädagogin von medien+bildung.com früher als erwartet mit ihrer Tasche voller Projekthandys in die Klasse kam. Zweimal die Woche läuft der Unterricht für 90 Minuten etwas anders ab, als es die Kinder sonst gewohnt sind. Dann muss Timo sich immer einen neuen Platz suchen, da sein Tisch für Beamer und Laptop gebraucht wird. Das macht ihm aber überhaupt nichts aus.

 

Mit dem Projekt MyMobile geht die Klassenlehrerin Susann Schmidt neue Wege im Lese- und Schreibunterricht. Im Team-Teaching mit Katja Mayer werden die unterschiedlichen Funktionen des Handys benutzt, um den Kindern neue Lernsituationen zu bieten, in denen sie die Bedeutung von Sachverhalten und Ereignissen selbst entdecken. Ein Beispiel hierzu ist die Übung „Auf Spurensuche nach dem SCH“. Die Aufgabe besteht darin, Dinge zu fotografieren oder ihren Namen mithilfe der Aufnahmefunktion einzusprechen, in denen die Buchstabenkombination „sch“ vorkommt. Dass einem das gesprochene Wort dabei oft etwas vorgaukelt, was geschrieben ganz anders aussieht, konnten die Kinder dabei sehr anschaulich erfahren. So fotografierten sie neben „Muscheln“ und „Feuerlöschern“ eben auch „Schterne“ und „Schtufen“. Eine weitere Übung ist die „Foto-Safari“. Mit der Handykamera ausgerüstet waren die Schülerinnen und Schüler im Schulhaus sowie auf dem Schulhof und Spielplatz unterwegs und spürten „Elefantenwörter“ auf. Wann immer ihnen etwas vor die Linse kam, dessen Name sich aus mehreren Einzelwörtern zusammensetzt, knipsten sie es. Das konnte der Schul-hof, eine Welt-karte oder die Saft-flasche sein. Auch Bildpaare, die zusammen ein langes Wort ergeben, waren erlaubt. Aus einem Stuhl im Klassenzimmer in Kombination mit der Schaukel auf dem Spielplatz wird so ganz schnell ein Schaukelstuhl.

 

Größer als ein Elefant geht nicht? Klar doch! Ein Kind machte sich freiwillig am Wochenende auf die Suche nach Wörtern aus mindestens drei Teilen. Bei einem Spaziergang fotografierte Timo das Schild der „Abfallwirtschafts-gesellschaft“. Engagiert und motiviert nutzten die Kinder die Möglichkeit, ihr Expertenwissen aus dem Alltag in den Schulunterricht zu integrieren. Auch wenn sie beispielsweise noch nicht alle Buchstaben der „Elefantenwörter“ kennen, können sie sie dennoch in einen Zusammenhang einordnen. Lernen ist, so gesehen, eine situationsabhängige Form, Bedeutungen zu erkennen.

 

Die Kinder der Klasse 1 a gehen stets mit großem Eifer und Interesse auf Sprach-Entdeckungsreise mit dem Handy. Dafür brauchen sie kein eigenes Gerät – gearbeitet wird mit Projekthandys, die von medien+bildung.com zur Verfügung gestellt werden. Auch Grundschulkinder werden in ein paar Jahren wahrscheinlich häufig ihr eigenes Mobiltelefon besitzen. Das Projekt MyMobile betont die positiven Aspekte einer anscheinend unausweichlichen Entwicklung und zeigt, wie das Handy im Unterricht zukünftig unterstützend eingesetzt werden kann. Die Projektergebnisse werden veröffentlicht; medien+bildung.com plant ein Buch.

 

 

 

Author: Hans-Uwe Daumann
E-Mail: daumann@medienundbildung.com

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