Zwei Jahre Multicolor – alles außer hochdeutsch

 
„Am Anfang wussten wir noch nicht, dass wir offene Türen einrennen„, sagen Elena Maslovskaya und Florin Zaheu, die Projektleiter von Multicolor. Die Sendereihe setzte sich zum Ziel, migrantisches Leben in Stuttgart erlebbar zu machen. Ausländische Vereine und Kulturschaffende bekamen endlich eine Plattform, um sich einem großen öffentlichen Publikum präsentieren zu können.

 

Der Name „Multicolor – alles außer hochdeutsch“ ist dabei
auch Programm: die Sendungen finden in deutscher Sprache statt, damit alle Zuhörenden dabei sein können. Vor dem Mikrofon begegnen sich deshalb eine Vielzahl von
Sprachschattierungen, was zweifelsohne gewünscht ist. „Wir wollen schließlich die unterschiedlichen Kulturen und Lebenswege nicht verleugnen, sondern sichtbar machen„,
sagt Florin Zaheu, der selbst aus Bukarest stammt. 
Zweimal im Monat können sich bei Multicolor – alles außer hochdeutsch interkulturelle Gruppen, Vereine und Menschen im offenen Gespräch vor dem Mikrofon vorstellen. Der
Themenbogen reicht mittlerweile von der Präsentation migrantischer Bewerber zur Kommunalwahl über das türkische Mentorenprojekt „Abi Abla – großer Bruder, große
Schwester“ zur Unterstützung von Schülern bis zurgeorgischen Musikgruppe „The Shin“ als Studiogäste, die mittlerweile einer der Gewinner des Bundeswettbewerbes „creole-Weltmusik aus Deutschland“ sind. Dies ist jedoch nur ein kleiner Ausschnitt der Beiträge von Multicolor. Die Liste der interessierten Vereine und Verbände ist länger als die Möglichkeit, Sendungen zu fahren. Darüber hinaus berichtet Multicolor auch über Veranstaltungen, die Interkultur von der wissenschaftlichen und praktischen Seite angehen. 


„Wir haben es geschafft, unsere drei Projektziele zu realisieren“, sagt die St. Petersburgerin Elena Maslovskaya: „Erstens geben wir den ausländischen Gruppen die Möglichkeit, ihre Vereine und ihre Ziele vorzustellen, sich auszutauschen und miteinander zu kooperieren, zweitens bieten wir den Leuten die Chance, ans Medium Radio zu kommen, um später eigene Sendungen gestalten zu können. Und drittens wollen wir internationale Künstler und
Künstlergruppen vorstellen und ihre Arbeit bekannt machen.“

Der Bedarf wurde vonseiten der ausländischen Gruppen und Vereine sofort erkannt und genutzt. Erstaunlicherweise hat aber Multicolor bis heute keine einzige „Konkurrenz“ im
Medienbereich gefunden. Themen wie Kopftuchverbot und Ehrenmord werden immer noch bevorzugt als migrationstypischer Inhalt verbreitet anstatt unspektakulärer Berichte aus dem Alltag. Dabei sind gerade diese Themen wirkliche Stellvertreter für eine interkulturelle Gesellschaft, vor allem in Stuttgart mit einem Migrationsanteil von über 40% der Bevölkerung. 


Multicolor – alles außer hochdeutsch wurde zwei Jahre lang von der Landesanstalt für Komunikation gefördert. In diesem Zeitraum wuchs die Anzahl der Sendestunden von zwei
auf fünf im Monat. Hinzu kommen noch zehn weitere Stunden für migrantische Sendungen, die unter dem Dach von Multicolor entstanden sind. Interessierte Nachwuchsredakteure wurden angelernt und machen mittlerweile ihre eigenen Programme mit Informationen aus
Kolumbien, Bosnien und Herzegowina und Venezuela. 
Nach Ablauf der Förderung beschlossen Lena Maslovskaya und Florin Zaheu, weiter zu machen. „Der Erfolg gibt uns recht“ sagen sie. „Eine echte interkulturelle Gesellschaft
entsteht nur, wenn sich die Menschen gegenseitig zuhören. Und das werden wir weiterhin anbieten
.“
 
Multicolor – alles außer hochdeutsch ist zu empfangen im Freien Radio für Stuttgart über Antenne auf 99,2 MHz, über Kabel auf 102,1 MHz oder als Livestream unter www.freies
radio.de.
Sie können uns hören an jedem 
3. Dienstag im Monat von 19 bis 20 Uhr,
3. Donnerstag im Monat von 19 bis 21 Uhr.

Author: Oliver Herrmann
E-Mail: publik@freies-radio.de

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