Projekt „Paducation – Challenge-based education in a digital environment“

Comenius Regio Partnerschaften heißt das EU-Programm, aus dem das Projekt „Paducation – Challenge-based education in a digital environment“ gefördert wird. Der Antragsteller auf deutscher Seite: Landesschulamt und Lehrkräfteakademie/Staatliches Schulamt für den Landkreis und die Stadt Kassel. Die Partner in der Region sind die Georg-Christoph-Lichtenberg-Schule, die LPR Hessen und das MOK Kassel. Antragsteller auf schwedischer Seite: Die Schulaufsichtsbehörde in Sollentuna, das Oberstufengymnasium Rudbeck in Sollentuna, mit dem das MOK Kassel seit 1998 kooperiert, und die Universität Södertörn.

 

Sinn und Ziel von „Paducation“: Im allerersten Schritt je acht Lehrkräfte aus beiden Regionen im Umgang mit iPads und unterschiedlichsten Applikationen auf den gleichen Wissenstand zu bringen, im nächsten Schritt gemeinsam und aufbauend auf den unterschiedlichen Ausgangslagen und Erfahrungen in den Regionen Methoden zu entwickeln und zu erproben, wie iPads einerseits im Unterricht eingesetzt werden und andererseits in der Lehrerbildung eine größere Rolle spielen können. Die letzten Schritte in der zweijährigen Projektphase werden die Einbeziehung weiterer Schulen sein, die Übermittlung von beispielhaften Modellen an die für Lehrerbildung zuständigen Institutionen in beiden Ländern sowie die Veröffentlichung der Projektergebnisse europaweit.

 

September:Vorbereitungstreffen in Sollentuna

Dass die beiden Regionen höchst unterschiedlicher Art sind, war für die „Erfinder“ des Projekts ein wichtiger Grund für die Zusammenarbeit. Nicht gerechnet hatten die Autoren des Projektantrags allerdings damit, dass sich die Schulaufsichtsbehörden in einem Punkt einig sein würden: Die Lehrkräfte in beiden Ländern bekommen keinerlei Zeitausgleich für die Mitarbeit im Projekt. Entsprechend schwierig war es also in beiden Schulen, interessierte und vor allem motivierte Teilnehmer nicht nur zu finden, sondern Termine zu koordinieren, an denen gemeinsam konkrete Vereinbarungen getroffen werden konnten. Dass es schließlich besser als gedacht geklappt hat, belegt dies: Statt der ursprünglich geplanten je acht Lehrkräfte sind es neun geworden.

 

Montag, 28. Oktober
Mit einstündiger Verspätung, nicht dank der Fluglinie, sondern dank des Sturmtiefs Christian und der Deutschen Bahn, erreichen neun schwedische Lehrkräfte und der amerikanisch-schwedische Projektmanager Ted Weisberg gegen 23 Uhr das Hotel in Kassel, in dem sie bis zum Mittwoch residieren werden. Kontakt mit einem der deutschen Partner haben sie unverhofft in Frankfurt/Main Hauptbahnhof: Den Direktor der LPR Hessen treffen sie auf dem Bahnsteig – auch er möchte nach einem langen Tag endlich nach Nordhessen.

 

Dienstag, 29. Oktober
Um 9.30 Uhr beginnt im Studio des Offenen Kanals Kassel nach intensiver Vorbereitung die konkrete Arbeitsphase: In bester Laune und aufgeschlossen gegenüber allem, was da kommen wird, erarbeiten – nach den üblichen Willkommensgrüßen und Einführungen – sechs Kleingruppen ihren Sachstand: Wo sind wir, wo wollen wir hin, wo sehen wir Probleme?


Aus den Berichten kristallisieren sich diese Punkte heraus: Beide Schulen sind prinzipiell gut ausgestattet mit Digitaltechnik, der Gebrauch durch die Lehrkräfte ist aber höchst unterschiedlich und reicht von „mehrheitlich“ bis „noch gar nicht“. Thematisiert werden die fehlende Ausstattung der Schüler mit iPads, das technische Wartungsproblem in Schulen (das es in Sollentuna nicht gibt), die Frage, wie zukünftig Arbeiten, Tests und Prüfungen ablaufen können sowie das nahezu unüberschaubare Angebot von sogenannten Apps. Und die nicht unwichtige Frage nach dem Mehrwert: Was kann ich mit dem iPad im Unterricht anbieten, das nicht mit den herkömmlichen Mitteln auch machbar ist?
Um 11 Uhr wird es ein klein wenig offiziell: Sabine Schäfer vom Schulamt Kassel, die den Projektantrag im Frühjahr unterschrieben hatte, betont die Relevanz von Paducation für die Entwicklung neuer Lehr- und Lernmethoden, und Annette Schriefers überbringt die Grüße und Wünsche des Direktors der LPR Hessen, der die Mitwirkung seines Hauses in dem Projekt als wichtigen Baustein im Rahmen der Vermittlung von Medienkompetenz sieht.

 

Nach dem (siehe oben) europäisch geschmückten Gruppenfoto wird wieder gearbeitet – der Zeitplan für die nächsten zwei Jahre steht zur Debatte. Sehr schnell wird klar, dass die zeitlichen Verabredungen nur in kleinen Etappen von Workshop zu Workshop geplant werden können, bei den Inhalten sind größere Schritte möglich.

Mittagessen im Gleis 1 im KulturBahnhof, ein kurzer Spaziergang bis zur Innenstadt, und dann heißt es „Show and tell“: Im Wechsel präsentieren Pädagogen aus beiden Ländern einige ihrer praktischen Arbeiten mit dem iPad oder sonstigen Digitalmedien im Unterricht. So hat ein Kasseler Lehrer im Deutschunterricht seine Klasse mit dem App „ComicLife“ Goethes Werther in die heutige Zeit und in eine Kriminalhandlung übertragen lassen. Eine schwedische Lehrerin, die schwedisch und Medien unterrichtet, ließ ihre Gruppe mit „Google Drive“ einen Kafka-Text lesen, im nächsten Schritt analysieren, und anschließend haben Vierergruppen die einzelnen Analysen überprüft und zusammengeführt.

 

Arbeit im Plenum

Im Sportunterricht in Kassel entstanden mehrere kleine iPad-Filme mit Interviews zu Sport. Einen neuen Kurs „Creating digital“ in Schweden, von dem niemand wirklich wusste, was da zu tun sein könnte, begann die Lehrerin für Kunst und Medien, indem sie ihre Gruppe anleitete, mit dem App „Pages“ eine Erinnerung aus dem vergangenen Sommer mit einem Bild aus dem Netz und einem eigenen Bild zu kombinie-ren. Die Ergebnisse sind in der Tat „created digital“. Ein Kasseler Lehrer für Geschichte und Französisch gab seiner Klasse die Aufgabe, ein Gemälde bis ins letzte Detail zu analysieren und die Analyse in einen Film umzusetzen. Mit „iStopMotion“ hat eine schwedische Klasse spielerisch Trickfilme produziert, und hellauf begeistert ist ein Kasseler Musiklehrer von „Notion“, mit dem Komponieren, Editieren und vieles andere sehr einfach möglich ist. Und noch zwei Beispiele aus Schweden: Ein Lehrer für Schwedisch und Medien ar-beitet im Sprachunterricht digital mit seinen Schülern, von denen jeder bei „Google drive“ ein Fach hat, in dem Aufgaben und Arbeiten abgelegt werden. Im Fach Medien nutzt er „YouTubeCapture“ zum Filmen, zum Überprüfen und zum Hochladen. Der Projektmanager Ted Weisberg, der ebenfalls Medien unterrichtet, hat sei-nen Kurs mit „Book Creator“ ein Buch über die Entwicklungsgeschichte von Plakaten erarbeiten lassen.

 

Gut gerüstet in die Zukunft

Viele Nachfragen (Wie geht denn das?) und genauso viele Tipps (Immer exter-nes Mikrofon bei iPad!) sorgen für einen regen bilateralen Erfahrungsaustausch und bringen die jeweils vergleichbare Fächer unterrichtenden Kollegen aus den Regionen sehr schnell und eng zu-sammen.
Ein Fazit dieser Runde ist die Erkennt-nis, dass in beiden Schulen Apps im Unterricht genutzt werden, die eigentlich nicht für den Gebrauch im Unterricht gedacht waren.
Im Anschluss gibt es eine „Unterrichts-einheit“ zu dem Paducation-Blog, der in Kassel vor Projektstart eingerichtet worden war: Alle registrieren sich und erfahren, wie man sich bitte einbringt, wie Fotos hochgeladen werden usw.
Mit einem Grillabend in der Lichten-bergschule klingt der Tag aus, um am …

 

30. Oktober
… in der Lichtenbergschule fortgesetzt zu werden. Während die Kasseler Lehrkräfte ihre schwedischen „Pendants“ mit in ihren Unterricht nehmen – wie erwähnt, muss das Projekt neben den normalen schulischen Pflichten der Lehrkräfte stattfinden -, lassen sich im Lehrerzimmer die Projektmanager von dem heutigen Gast Manfred König, Landesschulamt Frankfurt (ehemals Amt für Lehrerbildung), das Medien-konzept der Lehrerbildung in Hessen erläutern. Denn die Ergebnisse von Paducation sollen ja schließlich einen wichtigen Beitrag zur Zukunft der Lehrerbildung leisten. In der anschließenden Diskussion geht es um Themen, die bei der Projekt-Evaluation eine Rolle spielen müssen, unter anderen: Warum iPads? Ändert sich die Rolle des Lehrers? Ist die Nutzung von iPads wirklich kreativitätsfördernd für beide Seiten? Wie trainieren die Lehrer sich selbst? Verändern die Medien die Inhalte? Gibt es einen Kontrollverlust über Inhalte und Methoden? Wie muss Bildung umorganisiert werden? Wie ist das mit der Vermischung von schulischem und pri-vatem Gebrauch der Geräte?


Nach dem Mittagessen in der Schulkantine treffen sich wieder alle im Lehrerzimmer, wo sie vom Leiter der Lichtenbergschule, Helmut Dörr, begrüßt und mit einer „Schultüte“ beschenkt werden. Und nach einem Raumwechsel folgt die vorletzte gemeinsame Arbeitsphase: Konkrete Vereinbarungen müssen getroffen werden. Im Konsens verabredet wird: Jeder stellt für seine Arbeitsschritte seinen persönlichen Plan auf und dokumentiert die Schritte so oft wir möglich im Blog; die nationalen Kontakte werden auch in schriftlicher Form gepflegt (ein Kommentar dazu aus Schweden: „Wir sehen uns selten in der Schule. Wir sind nach Deutschland gekommen, um uns zu treffen!“); einmal pro Monat finden nationale schulische Treffen statt, die Aufgaben dazu werden von den Managern vorgegeben; der nächste gemeinsame Workshop findet am 27. und 28. März 2014 in Sollentuna statt; danach, und noch vor Ostern, gibt es in beiden Schulen eine Präsentation für die jeweils gesamten Lehrerkollegien. Und natürlich haben die schwedischen und deutschen Fachkollegen darüber hinaus jede Menge bilateraler Verabredungen getroffen.


Um 15.15 Uhr fahren alle schwedischen Gäste mit deutscher Begleitung mit einem Bus zum Herkules, um dort den letzten Arbeitsauftrag dieses gemeinsamen ersten Workshops zu erledigen: Während des „iPad photo walk to World Heritage Site“ sollen die Lehrkräfte mit ihren Geräten dokumentieren, experimentieren und später ihr „Bilderbuch“ mit englischen und schwedischen Texten versehen.


Aber natürlich sollen die Gäste auch endlich etwas von Kultur in Kassel sehen: Nach zwei Arbeitstagen in geschlossenen Räumen steht ihnen nun bevor, vom Herkules bis hinunter zum Bahnhof Wilhelmshöhe zu laufen, wo um 18.38 Uhr ein ICE abfährt, der sie zum Frankfurter Flughafen bringt.

 

Fotos: Paducation-Team
Redaktion: A. Jaenicke, LPR Hessen

 

Author: MOK – Bote

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